Bulgarien

Bulgarien

Bulgarĭen, Fürstentum südl. von der untern Donau [Karte: Balkanhalbinsel I], mit Ostrumelien 96.345 (das eigentliche B. 63.751) qkm, (1901) 3.744.283 (2.644.299) E., davon 2,888 Mill. Bulgaren, 0,531 Mill. Türken, 89.549 Zigeuner, 71.063 Rumänen, 66.635 Griechen. Das eigentliche B., das plateauartige südl. Donautiefland bis zum Kamm des Balkans, nur am Iskerdurchbruch hinübergreifend, hat gesundes Mittelmeerklima mit strengem Winter. Getreidebau [s. Beilage: Getreide]. Handel s. Beilage: Europa; Eisenbahnen (1903) 1599 km; Staatstelegraphenlinien (1902) 5263 km.

Nach der Verfassung ist B. im Mannesstamm erbliche konstitutionelle Monarchie im Vasallenverhältnis zur Türkei. Nationalversammlung (Sobranje) bei allgemeinem Stimmrecht direkt gewählt (158, in einigen Fällen 300 Mitglieder). Die acht Minister sind dem Fürsten und der Nationalversammlung verantwortlich. B. ist in 12 (9) Kreise eingeteilt; Hauptstadt Sofia. Finanzen s. Beilage: Finanzen. Staatsreligion: Griech. Kirche; Hochschule (3 Abteilungen) in Sofia. Friedensstärke der Armee 35.901 Mann und 2319 Offiziere, Kriegsstärke 122.703 Mann. Flotte: 13 Schiffe mit 500 Offizieren und Mann. Landesfarben: weiß, grün, rot (Horizontalstreifen [Tafel: Flaggen]); Wappen: goldener Löwe im purpurroten Felde [Abb. 300]. 4 Orden (Tapferkeits-, Alexander-, Militär- und Zivilverdienstorden). Maße und Gewichte metrisch; B. ist Mitglied der Lat. Münzkonvention.

Geschichte. B., ehemals von thraz. Stämmen bewohnt, bildete einen Teil der röm. Prov. Mösien und Thrazien. Im 5. Jahrh. n. Chr. drangen Slawen in B. ein, unterlagen aber bald den aus Mittelasien stammenden türk. Bulgaren, welche im 7. Jahrh. ein mächtiges Reich bildeten. Beide Völker verschmolzen nach und nach, wurden christianisiert und gerieten nach langen Kämpfen 1018 unter byzant. Herrschaft. Die Walachen Peter und Asen reizten das gedrückte Volk 1186 zum Aufstand und gründeten ein neues bulgar. Königreich, das 1285-96 sehr von Einfällen der Tataren litt und 1393 türk. Provinz ward. Erst der Russ.-Türk. Krieg von 1877-78 brachte Befreiung durch den Frieden zu San Stefano. 1879 wurde zum ersten Fürsten Prinz Alexander von Battenberg als Alexander I. von der Nationalversammlung gewählt. Die Vereinigung Ostrumeliens (s.d.) mit B. veranlaßte 1885 den für B. siegreichen Krieg mit Serbien. Infolge Staatsstreichs der russ.-gesinnten Partei (21. Aug. 1886) dankte Fürst Alexander 7. Sept. ab. 7. Juli 1887 wählte die Nationalversammlung den Prinzen Ferdinand von Coburg zum Fürsten, welcher ohne Zustimmung der Mächte 14. Aug. die Regierung antrat, zunächst völlig unter dem Einfluß des energischen Ministerpräsidenten Stambulow. Erst nach dessen Entlassung (1894) und nach dem Übertritt des Erbprinzen Boris zur griech. Kirche gab Rußland seinen Widerspruch gegen die Wahl des Prinzen Ferdinand auf, worauf er 1896 von allen Mächten anerkannt wurde. Der kritische Zustand des Staatshaushalts führte seitdem wiederholt zu Unruhen, Auflösung der Sobranje und Kabinettswechsel, die mazedon. Umsturzbewegung zu Verwicklungen mit den beteiligten Mächten, bis April 1904 ein Abkommen mit der Türkei zustande kam. – Vgl. Kanitz, »Donaubulgarien« (2. Aufl., 3 Bde., 1882); Jireček, »Geschichte des bulgar. Volks« (deutsch 1876) und »Das Fürstent. B.« (1891).


http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.

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